Die kleine Pilgerkirche Zum Heiligen Kreuz in Windbergen erfreut sich seiner „Kirchenschätze“ seit vielen hundert Jahren. Besonders dem bis heute erhaltenen Heiligen Kreuz, einem romanischen Christuskorpus aus dem 11. oder 12. Jahrhundert – einer Gelbgussfigur, die zu den ältesten erhaltenen Darstellungen des Gekreuzigten im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zählt. Die Auffindung des Heiligen Kreuzes anno 1495 in einem Acker führte zum Bau einer Kapelle über dem Fundort, trotz Protestes des Hamburger Domkapitels. Daraufhin entwickelte sich Windbergen zu einem bekannten Wallfahrtsort in Schleswig-Holstein bis zur Reformation Dithmarschens 1533.
Vermutlich hat das Heilige Kreuz auch bei der Schlacht bei Hemmingstedt eine Rolle gespielt. Laut zwei zeitgenössischen Liedern auf die Schlacht, sollen die Dithmarscher ein Kreuz bzw. Kruzifix mit sich geführt und es ehrfürchtig angebetet haben. Die Feinde sollen vor diesem Kruzifix sehr erschrocken gewesen sein. Das Heilige Kreuz blieb auch nach der Reformation in Windbergen.
Seit Ostern 2014 schwebt die Figur des Gekreuzigten, der zugleich seine Arme als der Auferstandene segnend über die Menschen hält, in einem immateriellen Kreuz, das aus einem Acrylblock herausgeschnitten wurde, über der Kanzel vor dem dahinter sich in den Himmel öffnenden Fenster. Zudem wurde die ökumenische Wallfahrt zum Heiligen Kreuz am 14.September 2013 durch den Arbeitskreis Dithmarscher Jakobsweg wieder alljährlich ins Leben gerufen. Neben dem anderen geschichtsträchtigen Kircheninventar ist die Kirchengemeinde seit 2021 und 2024 stolz auf fünf geschnitzte Holzrelieftafeln und einen Pilgerstab mit eingeschnitzter Jakobsmuschel von dem bekannten Holzschnitzkünstler Wolfgang Dörscheln aus Gammellund. Wolfgang Mohr, ehemaliger Pilgerbegleiter und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Kirchengemeinde und Freund des Künstlers, hatte diese geschnitzten Kunstwerke in Auftrag gegeben.
Wolfgang Dörscheln machte von 1963 – 1968 die Ausbildung zum Diakon, daneben eine Ausbildung in verschieden Werktechniken und 1980 die Einführung in das Reliefschnitzen und in Intarsienarbeiten. Zudem übernahm er von 1977 bis zu seinem Ruhestand 2005 die Leitung einer Einrichtung in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld und einer anderen Altenpflegeeinrichtung außerhalb Bethels in Spenge. Mit seinen kunstvollen, vielseitigen Schnitzwerken hatte er sich im Nachhinein im Rahmen von Ausstellungen und Kunsthandwerkermärkten einen Namen gemacht.
Speziell für den „Franziskusweg“ in der Windberger Heese hat er auf Anregung von Wolfgang Mohr und Dieter Stein drei thematische Holzrelieftafeln zu Franz von Assisi geschnitzt: Die bekannte „Vogelpredigt“, den berühmten „Sonnengesang“ und die legendäre „Franziskusbuche“. Diese drei kunstvoll geschnitzten Werke fanden ihren Platz nicht auf den Wegstationen in der Windberger Heese, sondern in der Kirche Zum Heiligen Kreuz. Bilder der Reliefs sind in der Heese angebracht.
Fazit: Drei Wochen intensive Schnitzarbeit für die drei Relieftafeln. Die Texte wurden nicht eingebrannt, sondern Buchstabe für Buchstabe geschnitzt – insgesamt 2700 -.
In der Heese hatte W. Mohr eine alte Rotbuche entdeckt, die wie in der Franziskuslegende ihre mächtigen Äste beschützend über den Weg schirmte. Ein Foto davon diente W. Dörscheln als Vorlage. Den Baum, den Franziskus umarmt, hatte er mit 500 geschnitzten kleinen Blättern, die ihn nach der Legende vor einem Unwetter schützten, dargestellt.
Im Eingangsbereich der Kirche zeigt ein weiteres Werk einen mittelalterlichen Pilger und weist textlich auf die Wallfahrt zum Heiligen Kreuz hin.
Im Jahr 2024, dem 500.Todesjahr Heinrich von Zütphens, bat Mohr seinen Freund um ein Porträt des Dithmarscher Märtyrers für das Evangelium, der nach einer Chronik auf seinem Weg von Brunsbüttel nach Meldorf in Windbergen Station gemacht hatte. Das im Dithmarscher Landesmuseum erhaltene bekannte und einzige Gemälde H.v.Zütphens mit einem von Dieter Stein entworfenen Text diente ihm dazu, diese nicht leichte Herausforderung anzunehmen. Im Rahmen des Erntedank–Gottesdienstes kam es zur feierlichen Einweihung und Überreichung an die Kirchengemeinde durch den Künstler. Großzügigerweise stiftete Wolfgang Dörscheln das kunstvolle, außergewöhnliche Werk und bat um eine Spende für die Kirchengemeinde. Auch dieses Werk fand seinen würdigen Platz in der Kirche.
Desweiteren schenkte er der Kirche für die geplante Pantryküche eine Holztafel mit geschnitzten, passenden Worten von Guy de Maupassant:
„Es sind die Begegnungen mit Menschen,
die das Leben lebenswert machen.“
So erfuhr die zurzeit einzige Wallfahrtskirche Schleswig-Holsteins eine erfreuliche, weitere Aufwertung ihres Kircheninventars.
Wolfgang Mohr
Der Artikel erschien auch in
DITHMARSCHEN, Landeskunde – Kultur – Natur, Heft 4, Dezember 2025.





