Schnitzkünstler aus Leidenschaft

Wolfgang Dörscheln war von Beruf Diakon – und entdeckte früh seine Liebe zum Kunsthandwerk

Hat sich einen Traum erfüllt: Wolfgang Dörscheln in seiner Werkstatt. Im Hintergrund sind einige seiner Arbeiten zu sehen. PETER MAI

Beim Betreten der Stube von Wolfgang Dörscheln fallen sofort die vielen Holzarbeiten ins Auge, die überall hängen, stehen oder liegen. Der 76-Jährige arbeitet leidenschaftlich gern mit Holz. In seinem Haus, der ehemaligen Dorftischlerei von Gammellund, findet er ideale Voraussetzungen, um seinem schöpferischen Drang freie Bahn zu lassen. Die Werkstatt wirkt, als wäre der alte Tischler erst gestern gegangen. Jetzt hängen Dutzende Zangen, Schneide- und Schnitzwerkzeuge Dörschelns sauber aufgereiht an den Wänden. „Diese Ordnung gibt es nur, weil ich zu faul zum Suchen bin“, sagt Dörscheln mit seinem gewinnenden Lachen.

Zum Schnitzen kam Dörscheln über seinen Beruf als Diakon. Geboren und aufgewachsen bei Lüdenscheid erlernte Dörscheln zunächst den Beruf des Hammerschmieds. Dann zog es ihn nach Bethel in Ostwestfalen, wo er Diakon wurde. „Diese Ausbildung war vielfältig und fordernd mit 22 Unterrichtsfächern, ging über fünf Jahre“, erinnert er sich. Er arbeitete in der Krankenpflege, in einer Klinik der Bodelschwinghschen Anstalten, wurde zunächst stellvertretender Heimleiter, schließlich leitete er ein Altenkrankenheim bei Sennestadt und später in Spenge.

„Jeden Ast betrachte ich mit dem Gedanken, was könnte man daraus machen?“

Wolfgang Dörscheln
Schnitzkünstler

„Alle diese Tätigkeiten haben indirekt auch etwas damit zu tun, was ich vom Weben über Tonarbeiten, Kupfertreiben, Emaille-Arbeiten bis hin zur Drucktechnik zahlreiche handwerkliche Techniken während meiner Ausbildung zum Diakon lernte“, sagt Dörscheln. Seine Liebe zur Schnitzkunst entdeckte er in einer Werkwoche bei einem Drechslermeister in Bethel 1978. „Die handwerklichen Tätigkeiten waren für mich immer ein Ausgleich zu den geistigen und geistlichen Aufgaben“, sagt Dörscheln.

Im Jahr 2005 zogen Dörscheln und seine Frau Gisela Karin von Nordrhein-Westfalen nach Gammellund. „Es zog uns eigentlich immer in den Norden“, sagt er. Beflügelt wurde die Entscheidung durch den Umstand, dass ein Sohn nun ganz in der Nähe wohnt.

Nach einigem Suchen fanden die Eheleute in Gammellund „das Haus mit Seele“, wie es Gisela Karin Dörscheln bezeichnet. Der schöne und großzügige Garten, die Ruhe, die Umgebung, dazu die Werkstatt der alten Tischlerei – das alles entsprach genau ihren Wünschen und Träumen.

Die Teilnahme am Kunsthandwerkermarkt in Gundelsby bedeutete für den Künstler Dörscheln einen großen Schritt nach vorn. Dort fand er Kunden, bekam Feedback zu seinen geschaffenen Stücken. „Dies brachte gute Anstöße. Damit konnte ich mich weiter entwickeln.“

2010 schloss er sich dem Treene Kunstring in Tarp an. „Hier werden in Nah und Fern drei oder vier Mal im Jahr Ausstellungen organisiert.“ Dörscheln nahm mit seinen Werken teil an Ausstelungen im Trollseeturm in Flensburg, bei der Schau der 1000 Bilder in der Sparkassenarena in Kiel, im Dienstleistungszentrum Eggebek, in der Mühle Antje in Tarp und beim Tarper Weihnachtsmarkt.

Holz ist sein bevorzugtes Arbeitsmaterial, doch Dörscheln ist auch offen für neue Ideen. „Seit etwa zehn Jahren verbinde ich Steine mit Holz. Ich bin immer auf der Suche nach aussagekräftigen Steinen und freue mich, wenn ich hin und wieder einen finde und ich meine Idee damit verwirklichen kann“. Und Ideen kommen ihm bei jedem Spaziergang. „Jeden liegenden Ast oder Holzklotz betrachte ich mit dem Gedanken, was könnte man daraus machen?“

Schleswiger Nachrichten, BOLLINGSTEDT/TARP – 06.01.2018 – Peter Mai/dme